Istarafschan | Spuren einer großen Vergangenheit

Durchfahrt durch den Anzob-Tunnel. Foto: Karsten Schöne

8. Istarafschan | Spuren einer großen Vergangenheit

Istarafschan, das alte Uroteppa, war Heimat begnadeter Handwerker. Alexander der Große soll diese Stadt erobert haben, als sie noch auf dem Hügel Mug Tepa stand – erst später breitete sie sich in der Ebene aus. Dschingis Khan zerstörte sie. Im Jahr 1866, als russische Truppen die Stadt einnahmen, gab es Dutzende Moscheen und Koranschulen. 1925, so wissen die Annalen, wurden die Badehäuser der Stadt wochenlang mit Koranausgaben und religiösen Schriften beheizt. Auf dem Basar hält mir ein Schmied stolz ein Schwert entgegen, das die Vergangenheit beschwören soll. Doch es taugt nur für einen Fantasy-Film. Sein Geld verdient er mit einfachen landwirtschaftlichen Geräten, die er aus Autoteilen fabriziert, und mit schönen Messern. Doch die meisten Teile des Basars sind ein chinesischer Freiluft-Supermarkt. Südlich davon liegt die Altstadt. Sie macht einen vernachlässigten Eindruck.  Es sind andere Viertel, die Investitionen der neuen Reichen anziehen: Hotelneubauten, Vergnügungsparks, in deren Karussells sich Plastik-Tiere drehen und kleine Helikopter elektronische Maschinengewehrsalven abfeuern.

Doch mitten in der armseligen Altstadt liegen die Architekturjuwelen, nach denen wir suchen. Das schönste ist das Blaue Haus, eine um das Jahr 1500 erbaute Koranschule. Ihre türkisfarbene Kuppel aus glasierten Ziegeln und das Spruchband, das den Namen des Schöpfers preist, erinnert an Samarkand, auch im Inneren, wo die wieder eingezogenen Schüler uns stolz alte Fliesenmosaike zeigen. Wir erfahren, dass hier ein saudischer Lehrer tätig ist – war nichts Gutes ahnen lässt. Wir besuchen auch Hazrati Bobo. Viele Legenden ranken sich um diesen immer wieder umgebauten Komplex und die Wundertaten, die Verwandte des Propheten hier vollbracht haben sollen. Eine Quelle und ein Masar ließen schon in vorislamischer Zeit ein Zentrum der Gelehrsamkeit entstehen. Zwei frei stehende Minarette flankieren die Veranda der Moschee. Hinter ihr liegt ein zentraler Raum, dessen Proportionen eine Meisterhand verraten. Es ist der älteste Teil der Moschee, der vielleicht noch aus dem 15. Jahrhundert stammt. Jetzt hat die Gemeinde angebaut. Stolz zeigt der Imam die neuen Gebetsräume. Draußen entdecken wir kostbare antike Grabsteine, die zur Seite geräumt wurden. Es sind die Reste eines großen Friedhofes.

 

 

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