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Energiekrise in Tadschikistan und die Frage nach alternativen Lösungen

Seit Anfang Januar ist es kalt in Tadschikistan. So kalt wie schon 20 Jahre nicht mehr. Das zur Energieherstellung verwendbare Wasser im größten Wasserkrafwerk Nurek ist fast ausgeschöpft. Der Wasserspiegel lag Anfang Februar bei 862 Meter NN, die kritische Marke von 857 Meter wird bald erreicht sein, denn der Zufl uss ist eingefroren und jeden Tag senkt sich der Wasserspiegel um ca. 35 Zentimeter. In Tadschikistan, dessen Territorium fast ganz an Nureks Tropf hängt, herrscht seit Anfang Februar ein hartes Stromregime, verhängt von der Energiegesellschaft Barki Tocik. Während in den Regionen der Strom in den Wohnvierteln teilweise schon ganz abgestellt wurde, gleicht die Hauptstadt Duschanbe einem Schachbrett heller und dunkler Stadtteile. Auch im Zentrum der Hauptstadt gibt es nur morgens und abends fünf Stunden Strom. Häuser und Wohnungen werden fast ausschließlich mit Strom beheizt, so dass die Einwohner nun in kalten Wohnungen sitzen, notdürftig auf dem Hof Feuer machen, um sich einen Tee zu kochen. Brennmaterial gibt es jedoch kaum. Und in vielen Wohnungen ist in diesem Winter auch das Gas besonders knapp. Familien rücken näher zusammen und warten auf den Frühling, während draußen die Temperaturen seit Wochen nicht über Null steigen. In den wenigen „hellen Stunden“ sitzt man auf dem Boden um den „Sandali“, einem niedrigen mit einer Decke überdeckten Tisch unter dem ein Heizlüfter steht und streckt die Füße in die Mitte.

Warten auf Strom

“21. Jahrhundert - Jahrhundert der Energiewirtschaft” steht auf dem Plakat im Dorf Varzob nördlich von Duschanbe. Seit drei Wochen gibt es dort keinen Strom, auch nicht für die Wasserpumpen. Die beiden Frauen gehen mit Eimern und ohne Handschuhe Wasser holen.

Außer der Brotfabrik, dem Milchkombinat und dem Aluminiumwerk sind fast alle Betriebe am 20. Januar vom Netz gegangen. Vorsichtige Schätzungen des volkswirtschaftlichen Schadens belaufen sich laut Nationalbank Tadschikistans auf 250 Millionen US-Dollar. In vielen Schaufenstern hängt nur noch ein Schild: „Kein Strom“. In den wenigen Restaurants, die noch geöffnet haben, isst man bei Kerzenschein. Im Dämmerlicht sieht man dann den eigenen Atem kaum noch... .

Schon lange begrüßt man sich auf den Straßen Tadschikistans nicht mehr mit: „Hallo, wie geht´s“, sondern mit: „Hallo, hast du Strom?“. Letzeres ist leider schon zu oft zu einer rethorischen Frage geworden.

Warten auf Strom

Die Lage ist ernst und die Regierung hat die internationalen Geber um Unterstützung gebeten. Laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti hat unter anderem Kasachstan Hilfe in Form von Lebensmittellieferungen angekündigt. Neben dem Strom- und Gasmangel mangelt es im Land aber auch an verlässlichen Informationen und Management . Die regionalen Fernsehsender haben bereits teilweise ihre Arbeit eingestellt und auch die Printmedien bzw. ihre Druckerein sind von den Stromabschaltungen betroffen.

 

Glaubt man der Bevölkerung, so wird das Stromdefi zit jedes Jahr größer. Und damit immer lauter die Frage nach alternativen Energiequellen und effi zienter Wärmedämmung.

Die wenigen Bäume, die es in Tadschikistan noch gibt, werden im Moment zu Heizzwecken verstümmelt.

Wie ein gemeinsames Pilotprojekt des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) und der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zeigt, können auch die Folgen des Energiemangels durch effi - ziente Wärmedämmung abgemildert werden. Ein Vorzeigeprojekt mit Nachahmungscharakter ist etwa die im Sommer 2007 eingeweihte Schule in Chechekty, einem Dorf im östlichen Pamirgebirge auf 3800 Meter. Die Schule wurde mit vor Ort vorhandenen Ressourcen (u.a. getrockneten Algen aus dem nahe ge-legenen Salzsee) wärmeisoliert. Drei weitere Pilothäuser wurden innerhalb des Projektes isoliert bzw. mit zusätzlichen Ziegelöfen versehen. In den Gebäuden konnten wesentliche höhere und stabilere Temperaturen und gleichzeitig Brennmitteleinsparungen von bis zu 50 % erreicht werden. Die Bevölkerung ist am Thema interessiert und gemeinsam mit einer örtlichen Mikrofi nanzorganisation werden nun Mikrokredite zur Wärmeisolierung vergeben, die sich über die Einsparungen an Brennmaterialien refi - nanzieren. Die in der Pilotphase gesammelten Erfahrungen sollen durch dieses und andere Instrumente in die Breite getragen werden.

Besonders dieser Winter macht wieder bewußt, wie notwendig es ist, alternative ressourcenschützende Lösungen für die Zukunft zu fi nden.

Dabei kann Wärmeisolierung und Energieeffi zienz dazu beitragen die fortschreitende Landdegradierung durch Abholzung und Übernutzung zu verringern.

Warten auf StromEine Schule im Pamirgebirge wird mit alternativen Dämmmaterialien (Algen) isoliert.

Für diesen Winter bleibt den meisten Bewohnern Tadschikistans aber nur das Warten. Warten auf Strom, den Frühling oder den nächsten Gang in die mit Kohle, Holz oder Viehdung beheizte öffentliche Sauna.

Sonja Bill, Öffentlichkeitsarbeit DED Zentralasien, Regionalbüro Duschanbe/Tadschikistan. Bilder: Sonja Bill, Paula Moor, André Fabian (von oben)