Mein Schlussbericht über die Reise in die zentralasiatischen Länder hat vor kurzem die OSZE veröffentlicht. Ich wurde 2010 durch die Kasachische OSZE-Ratspräsidentschaft zum Persönlichen Vertreter des Vorsitzenden ernannt, der für die Fragen der Ökologie und Umwelt Zentralasiens zuständig ist. Dieser 350 Seite umfangreiche Bericht gibt einen Überblick über Katastrophen in den fünf zentralasiatischen Republiken und sucht nach Lösungsmöglichkeiten. Hierbei geht es unter anderem um das Austrocknen des Aral-Sees, die sowjetische Kernversuchsstation in Semipalatinsk der Republik Kasachstan, sowie die mit Uranabfälle verbundenen Fragen.
Mit Rücksicht auf das hoch empfindliche Wasserprobleme zwischen den Ländern im Oberlauf und Unterlauf der Flüssen und die durch Tadschikistan gespielte große Rolle ist der Bericht sowohl positiv als auch optimistisch.
Zusammenstöße mit den Drogenhändler, die die Grenze nach Tadschikistan durch illegale Art und Weise passieren wollen, geschehen ununterbrochen, da Tadschikistan als erste Station der Lieferungsroute nach Russland und anderen Ländern im Westen gilt. Tadschikistan leistet auch den islamischen Rebellen Widerstand, die versuchen, Tadschikistan als ihr Stützpunkt zu benutzen.
Während meines Besuchs in Tadschikistan war ich persönlich durch das Niveau der inneren Sicherheit hoch beeindruckt, und ich bin fest davon überzeugt, dass man dem Präsidenten Emomali Rahmon für seinen Anstrengungen zur Sicherung der Stabilität und Frieden zu Dank verpflichtet ist und Westen muss ihm bei seinen Anstrengungen zur Aufrechterhaltung des Status der Republik Tadschikistan als ein strategischer Buffer-Staat unterstützen, der gegen Hineindringen der Drogenbanden und Terroristen aus Afghanistan und Pakistan kämpft.
Ich habe außerdem in meinem Bericht betont, dass die Berglandschaft Tadschikistan keine Besorgnis für das Mangel und Zugangseinschränkungen zum Wasserressourcen darstellt. Gleichzeitig erkenne ich, dass Tadschikistan als ein Land am Oberlauf der Flüsse gegenüber den Unterlauf-Ländern Verpflichtungen hat und Tadschikistan diese Verpflichtungen ernst nimmt. Die hochrangige Regierungsvertreter haben mir zuversichert, dass sie weder in der Vergangenheit, noch heute gestrebt hatten, das Wasserhahn zu den Nachbarländern zu drehen und dies wird auch in der Zukunft nicht geschehen.
In Bezug auf Wasserpolitik bemerkte ich in meinem Bericht, dass die tadschikische Regierung ein Schlüsselziel hat, die Stromherstellung mit dem Bau von Wasserkraftwerken zu vergrößern, was zu eigentlicher Hauptsorge für andere Staaten in Zentralasien geworden ist. Die Regierung versucht derzeit, den Roghun und die Sangtuda Dammprojekte über den Wachsh Fluss zu beenden. Das Roghun-Projekt begann in den 1980er Jahren, aber wurde während des tadschikischen Bürgerkriegs 1993 auf Eis gelegt.
Das benachbarte Usbekistan protestiert ungestüm gegen Roghun-Projekt, dabei behauptet, dass die Realisierung dieses Projekts Tadschikistan die Möglichkeit einräumt, Kontrolle über die Flüsse zu bekommen und ein durch das Erdbeben verursachter Dammbruch zerstörerische Folgen haben konnte.
Ich habe bemerkt, dass solche negativen Reaktionen voreilig sind. In meinem Bericht schlage ich vor, dass Usbekistan und andere Unterlauf Länder in Zentralasien das Ergebnis einer kritischen Analyse des Projektes durch Weltbank-Experten abwarten sollen, die im Laufe dieses Jahres veröffentlichen wird.
Ich habe auch darauf hingewiesen, dass das Roghun Reservoir, mit einem geplanten 335 Meter hohen Erdschüttdamm in vieler Hinsicht dem Nurek Reservoir weitgehend ähnlich sein wird, das über 75km östlich von Dushanbe in den Pamir Bergen gelegen ist. Nurek hat auch einen 300 Meter hohen Erdschüttdamm. Das zurzeit größte Reservoir Tadschikistans hat eine Oberfläche von 98 Quadratkilometer und ist 220 Meter tief.
Der zur Sowjetzeit gebaute Staudamm hat in den letzten 40 Jahren zahlreichen Erdbeben erfolgreich bestanden und funktioniert vollkommen. Ich sehe keinen Grund, weshalb es bei Roghun anderes sein sollte, überlasse ich jedoch die endgültige Entscheidung den Experten der Weltbank.
Das Wasserreservoir Roghun liegt über dem Fluss Wachsch, höher als der Staudamm Nurek in 100 Kilometer nordöstlich von Duschanbe. Ich habe in meinem Bericht bemerkt, dass die Entstehung der Spannungen zwischen den Ländern am Oberlauf und Unterlauf der Flüsse bei der Verwendung der großen Dämme eine in der Geschichte vorhandene Erfahrung ist. Einige wohl bekannten Beispiele sind der Attaturk Damm auf dem Euphrates Fluss und der Damm Papas Mong auf dem Mekong. Ich bin über die Entstehung der Spannung um Roghun in Tadschikistan nicht überrascht.
Jedoch gebe ich in meinem Bericht Aufklärungen darüber, dass die Länder am Oberlauf (Tadschikistan/Kirgisistan) fast 90 % der Wasserreserven der Region besitzen und die Hauptquellen der Flüsse Zentralasiens in diesen Ländern entstehen. Gleichzeitig sei zu betonen, dass die überwiegende Menge an Wasser in Zentralasien von den Unterlauf-Ländern Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan verwendet werden, wobei Usbekistan am meisten das Wasser in der Region verbraucht.
Eine solche Konfrontation der Länder am Oberlauf und Unterlauf war öfters eine Quelle der Spannungen gewesen und es ist anzunehmen, dass es zu einem Konflikt führen würde, wenn eine Lösung bald nicht vereinbart wird. Das Schlüsselproblem ist hier der wachsende Wasserverbrauch der Länder am Unterlauf im Sommer zur Bewässerung und im Hintergrund der Wasserverwendung der Länder am Oberlauf zur Sicherung der Heizungsbedürfnisse im Winter. In meinem Bericht wies ich drauf hin, dass ein richtiges Wassermanagement sowohl durch die Länder am Oberlauf, als auch die Länder am Unterlauf eine wesentliche Vorbedingung zum Vermeiden zukünftiger Spannungen und Konflikte sei.
Daher bin ich sicher, dass die Länder am Oberlauf der Flüsse auch in der Zukunft den vollständigen Wasserzufluss in der Sommerzeit den Unterlauf-Ländern zur Bewässerung ermöglichen. Zugleich appelliere ich an die Länder am Unterlauf, die notwendigen Maßnahmen zu einem rationalen Management der Wasserressourcen in eigenen Ländern durch Wasserreservoiren und Bewässerungskanäle zu unternehmen, und anstelle des verschwenderischen Wassernutzung lieber Tröpfchen- bewässerungssysteme einzuführen, um die unwiederbringliche Verlust des Wassers zu vermeiden.
In meinem Vortrag werden die Bemühungen des Präsidenten der Republik Tadschikistan Emomali Rachmon zur Ratifizierung einer Reihe der internationalen Konventionen, unter anderem die UN-Gewässer Konvention (1997) hoch eingeschätzt.
Auf dem 1. Asien-Pazifikgipfel zum Thema Wasser vom Dezember 2007 betonte der Präsident Tadschikistans Emomali Rachmon die Wichtigkeit der internationalen-rechtlichen Instrumentarien im Wassersektor bei der Lösung der Fragen zur grenzüberschreitenden Wasserquellen in Zentralasien und erklärte, dass "die Ausarbeitung und Annahme der internationalen Wasser-Konventionen ein wichtiger Schrittes zur Vereinigung der Bemühungen ist, welche die einheitlichen Prinzipien der Wasserpolitik unter Berücksichtigung der Interessen aller ihrer Konsumenten bestimmen». Tadschikistan ist ein Initiator des Internationalen Dekade "Wasser fürs Leben" 2005-2015 und tritt für die engere Zusammenarbeit zwischen zentralasiatischen Staaten in der Lösung der Fragen zur grenzüberschreitenden Wasserreserven auf.
Ich bemerke, dass die lobenswerten Ziele von Präsidenten Rahmon durch die Realisierung des Roghun-Projekts erreicht werden können, welches bei der Sicherung des Wirtschaftswohlstands eine wesentliche Rolle spielt. Durch den Export der Elektrizität aus Tadschikistan nach Pakistan und Afghanistan kann die Wirtschaft des Landes angekurbelt werden. Es kann gleichzeitig für die Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage in den benachbarten Ländern einen wesentlichen Beitrag leisten. Ich wies in meinem Bericht auf die Gespräche auf höchster Ebene hin, die ich in Duschanbe mit dem tadschikischen Außenminister Hamrokhon Zarifi führte, an denen wir umfassend Wasserprobleme besprochen haben.
Der Außenminister Zarifi betonte, dass sich 60% Wasserzufluss Zentralasiens in Tadschikistan herausgebildet werden. Weiterhin fügte er hinzu: «Wir hatten niemals den Wasserzufluss zu unseren Nachbarn beschränkt und haben wir auch in der Zukunft nicht die Absicht, dies zu tun. Noch zur Sowjetzeit wurde die Wasserbedürfnisse des Landes auf 15% vom Gesamtzufluss Amu-Darya festgelegt. In Wirklichkeit verwendeten wir bis jetzt lediglich 10 bis 11 %, und diese Menge wird auch nach der Inbetriebnahme des Staudamms eingehalten.
"Tadschikistan braucht heute Energie und das Wasserkraftwerk Roghun kann eine Quelle der grünen, umweltfreundlichen Energie werden, die preiswert und reichlich ist. Wir haben ein Hauptproblem mit schmelzenden Gletschern. In den letzten Hundert Jahren sind ein Drittel unseres Gletscherdecke verschwunden. Das Wasser vom Amu Darya und Syr Darya wird übermäßig für die Bewässerung verwendet, und dieser irrationaler Umgang mit Wassernutzung brachte zur Tragödie im Aral-See", so Hamrokhon Zarifi.
In meinem Bericht ging ich auch auf die Details meiner Diskussion ein, die ich während einer konstruktiven Sitzung in Duschanbe mit dem Vorsitzenden des Madschlisi Milli Shukurjon Zuhurov hatte. Herr Zuhurov sagte mir, dass "Wir gute Beziehungen mit der EU haben, die wir als sehr wichtig betrachten. Wir haben seit 1989 enge bilaterale Beziehungen. Es sind zahlreiche Verträge über gegenseitige Beziehungen abgeschlossen worden. Die Europäische Kommission öffnete bereits 1993 ein Büro in Duschanbe. Wir haben viel gemeinsame Projekte mit der Beteiligung der Europäischen Union, solche wie "Das Programm zur Versorgung mit Lebensmittel, Medikamenten und Verbesserung der Trinkwasserqualität. Der Schwerpunkt im Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit, die 2004 mit EU abgeschlossen wurde, liegt bei der Sicherung der Grenzkontrolle und dem Kampf gegen illegalen Drogenhandel.
"Unsere wichtigste Frage bleibt jedoch die Wasserenergie. Als wir ein Teil der UdSSR waren, lieferten wir Baumwolle, und die Sowjets versorgten uns mit Strom und Energie. Der Bau von Wasserkraftwerken ist der einzige Weg, unsere Wirtschaft zu beleben. Wir erzeugen zurzeit 25-30 Milliarden Kilowatt pro Jahr. Wir haben das Potenzial, bis 500 Milliarden Kilowatt zu erzeugen. Der Bau von Roghun wäre 1990 beinahe vollendet, aber durch den Ausbruch des Bürgerkrieg wurde die Bauarbeiten auf Eis gelegt. Nun müssen wir Roghun wieder aufbauen bzw. modernisieren", so Schukurjon Zuhurov.
Im Anschluss gratuliere ich den Präsidenten Emomali Rahmon zur Unterstützung des Projekts Zentralasien-Südasien (CASA-1000). Dieses Regionalprojekt, das der Bau von Hochspannungsleitungen für den Export der Elektroenergie aus Kirgisistan und Tadschikistan über Afghanistan nach Pakistan vorsieht, wird zur Rehabilitierung der Wirtschaft in den erwähnten Ländern beitragen und gleichzeitig spielt für Wiederaufbau des Friedens und Sicherheit dieser Zone eine wesentliche Rolle spielen.
Struan Stevenson, britischer Abgeordneter des Europäischen Parlaments, Sonderbeauftragter für Ökologie und Umwelt in Zentralasien des Vorsitzenden der OSZE, Vorsitzender der EU-Parlamentariergruppe Klimawandel und nachhaltige Entwicklung.